Sonntag, 26. Dezember 2021

Vorlage - 0070/2021 Stadt Geestland

Betreff: Anregungen, Beschwerden gemäß § 34 Nds. Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) - Übertragung auf den Hauptausschuss;
hier: Dringlichkeitsantrag eines Mitglieds der Vertretung vom 13.12.2021.

Zu der am 13.12.2021 anberaumten Sitzung des Rates der Stadt Geestland wurde am selben Tag noch ein Dringlichkeitsantrag, der sich auf zwei Anträge nach § 34 NKomVG eines Bürgers bezog, gestellt. Link 1
Und wieder einmal ist es ein eher fragwürdiges Vergnügen dem Inhalt auf den Grund zu gehen.

Der erste Punkt springt einem schon gleich am Anfang ins Auge, unter Nachhaltigkeitskriterien: 7. Gute Arbeit und nachhaltiges Wirtschaften.
Denkt die Stadt Geestland, dass sie diese erfüllt? Dann bräuchte sie keine Flut von Anträgen, die im folgenden Text noch erwähnt würden, fürchten. 
Gute Arbeit und nachhaltiges Wirtschaften sind Punkte, die eigentlich ohne großen Aufwand zu erreichen wären. Dafür braucht es nur Menschen die an das Gemeinwohl denken und für die Bürger arbeiten, anstatt auf irgendeinem Profilierungstrip sind oder bei denen eigene finanzielle Interessen im Vordergrund stehen.
Dazu der Link zur Beschreibung des Nachhaltigkeitsmanagers Thorsten Krüger von der Stadt Geestland. Der sollte auch nochmal genau gelesen werden. Link 2

Weiter geht es mit der Sachdarstellung:
"Ein Mitglied der Vertretung hat am 12.12.2021 folgenden Dringlichkeitsantrag gestellt:

 

„Die Vertretung möge beschließen, dass die Erledigung von Anregungen und Beschwerden nach § 34 NKomVG dem Hauptausschuss übertragen wird.

 

Begründung:

Innerhalb einer Woche hat ein Bürger zwei Anträge nach § 34 NKomVG gestellt. Aufgrund vorausgegangen Ereignisse ist davon auszugehen, dass diese Antragsflut anhalten wird. Mit einer Übertragung an den Hauptausschuss wird verhindert, dass der Rat in der Erfüllung seiner Aufgaben beeinträchtigt wird.

 

Eine weitere Begründung des Antrags wird in der Sitzung des Rates am 13.12.2021 gegeben."


Jetzt ist der Antrag vom 12.12.21. Hier ist sie, die "Antragsflut". Sind zwei Anträge in einer Woche eine Antragsflut? Lässt das, auf das Verständnis/Empfinden von viel Arbeit in einer Verwaltung schließen? Auf jeden Fall befürchtet der Rat, dass er in der "Erfüllung seiner Aufgaben" beeinträchtigt sein wird. 

Und was sind die vorausgegangenen Ereignisse? Der Missbrauch einer Ortsratssitzung für eine persönliche Rede? Oder die dortige Diffamierung von kritischen Bürgern? Die ständigen nicht wissensbasierten Entscheidungen? Das eben nicht nachhaltige Wirtschaften? Die scheinbar nicht gute Arbeit der Führungsriege? Oder dass plötzlich Kritik an all den eben genannten Punkten auftaucht?

Würde gute Arbeit geleistet werden, wäre auch nichts zu befürchten.


Diese Anträge sollen in Zukunft nicht mehr dem Rat, sondern dem Hauptausschuss vorgelegt werden. Wer oder was ist der Hauptausschuss? Link 3

Auf die Zusammensetzung des Ausschusses, im unteren Bereich der Seite zu finden, sollte genau geachtet werden.

Dem Hauptausschuss werden, wie auch anderen Ausschüssen, Anliegen vorgelegt, die dann dort beraten werden. 


Stellungnahme der Verwaltung:

"Gemäß § 59 Absatz 3 Satz 5 kann in dringenden Fällen die Tagesordnung zu Sitzungsbeginn durch Beschluss erweitert werden. Dafür ist eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder der Vertretung erforderlich.

Ob ein dringlicher Fall vorliegt, ist von der Vertretung selbst zu prüfen. Der Beschluss bedarf einer Mehrheit von zwei Drittel der Mitglieder, d. h. deren gesetzlicher Zahl. In dem Zustandekommen der qualifizierten Mehrheit liegt zugleich die Erklärung, es habe in dringlicher Fall vorgelegen.

Sofern die besondere Dringlichkeit in der Sitzung begründet, beraten und beschlossen wird, kann davon ausgegangen werden, dass diese vorliegt und gegeben ist.

 

Zur Übertragung der Angelegenheiten nach § 34 NKomVG auf den Hauptausschuss: Nach Satz 3 des § 34 NKomVG kann die Vertretung die Erledigung von Anregungen von Beschwerden dem Hauptausschuss übertragen. Diese Delegationsmöglichkeit soll verhindern, dass die Erfüllung der Aufgaben des Rates durch die Zahl der Petitionen und des mit ihrer Erledigung verbundene Aufwandes beeinträchtigt wird. Das Nds. Oberverwaltungsgericht hält die Übertragungsmöglichkeit für vereinbar, da der Hauptausschuss ähnlich eines Fachausschusses ein verkleinertes Abbild der Vertretung sei und kein Anspruch darauf bestehe, dass sich stets das gesamte Plenum mit der Petition befasse – vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 25.01.2008, NdsVBl. 2008, S. 138.

Nach § 34 Satz 5 sind in der Hauptsatzung Regelungen über die Organzuständigkeit bei der verfahrensmäßigen Behandlung der Eingaben zu treffen.


Die Hauptsatzung ist daher wie folgt anzupassen – siehe auch Anlage:"


Im zweiten Absatz wird auf das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht verwiesen, das die Übertragungsmöglichkeit an den Hauptausschuss für vereinbar hält, weil dieser "ein verkleinertes Abbild der Vertretung" sei. In diesem Zusammenhang sei nochmals auf die Zusammensetzung des Hauptausschusses hingewiesen. 

Aus dem letzten Satz in diesem Abschnitt ist zu ersehen, dass es einer Änderung der Hauptsatzung der Stadt Geestland bedarf, um diese Übertragung an den Hauptausschuss zu ermöglichen.


Dieser ganze Akt verwundert doch etwas. Nach zwei Anfragen und eventuell weiteren zu erwartenden, eine Dringlichkeit zu beschließen und eine Satzungsänderung zu erwirken, vermittelt eher den Eindruck von "Mit Kanonen auf Spatzen zu schießen!". 

Hier hätte die Entwicklung weiter abgewartet werden können. Oder befürchtet die Stadt Geestland, dass so viel mehr aufgedeckt werden wird, dass der Rat überlastet sein wird?

Noch bitterer wird der Beigeschmack, wenn man in den dann angeführten Änderungen des § 14 Änderungen und Beschwerden der Satzung erkennt, dass der Bürgermeister federführend bei der Entscheidung über die Bearbeitung von Anträgen ist. 

Leider wirkt dieser überhastete Schnellschuss in meinen Augen panikartig und als Versuch demokratische Prozesse zu beschneiden.


Wenn ich mich auch wiederhole, die vom Volk gewählten Vertreter und die Entscheidungsträger in der Verwaltung haben im Sinne des Volkes zu handeln, das Volk hat das Recht, nein sogar die Pflicht das zu kontrollieren. Das ist Demokratie und vorgebrachte Kritik anzunehmen gehört zum demokratischen Prozess.






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