Samstag, 6. August 2022

  Post von gestern – Facebook

Eigentlich sollte es heute um die Staatsanwaltschaften gehen, da aber zu dem Post von gestern (Link1) eine kleine Diskussion in der Facebook Gruppe "Neeis ut'n Landkreis Cuxhoben" (Link2) entstanden ist, gibt es hier einen eingehenderen Artikel, da scheinbar nicht ganz klar ist, wie ich das gemeint habe.

Der Satz "Im Namen des Volkes" sollte doch das widerspiegeln, was er aussagt. Diese Aussage ist für mich:
"Das Urteil entspricht dem, wie das Volk entscheiden würde, wenn es gefragt werden würde."

Da das Volk eventuell oft anders urteilen würde, ist es somit nicht im Namen des Volkes. Richtig wäre zu sagen: Im Namen des Gesetzes. 
Es geht natürlich nicht, dass jedes Mal eine Abstimmung erfolgt und das Volk befragt wird und natürlich soll kein Richter gegen das Gesetz urteilen.
Ein Punkt ist, dass das Gesetz, nachdem entschieden wird, eventuell anders formuliert wäre, wenn es wirklich vom Volk beschlossen wäre. 

"„Im Namen des Volkes“ ist jedoch nicht gleichzusetzen damit, dass der Richter Urteile fällt, die dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen der Bevölkerung entsprechen müssen. Richter sind bei ihrer Entscheidung allein an das Gesetz gebunden." Link3

Dies ist ein Punkt, der auch in der Gruppe angeführt wird. 

Da die Rechtsprechung, wie alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, also dem "Prinzip der Volkssouveränität" unterworfen ist, müssten die Gesetze dann dementsprechend dem Willen der Bevölkerung entsprechen.
Der Einwand, dann gäbe es keine Gesetze mehr, soll hier nicht diskutiert werden, da es in jeder Gesellschaft Regeln bedarf, die dem Miteinander eine gewisse Struktur geben. 

Beim zweiten Punkt gehen wir davon aus, dass die Gesetze, so wie sie formuliert sind, dem Willen des Volkes entsprechen. 
Hier entsteht dann das Problem, dass Gesetze eben auslegbar sind, wie auch in der Gruppe angemerkt wurde. Sogar bei noch so klarer Formulierung kann es sein, dass zwei Richter in genau dem selben Fall unterschiedlich urteilen würden.
Hier gibt dann der folgende Satz eventuell Aufschluss: 

"In Art. 97 Absatz 1 GG heißt es dazu, dass Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind. Die Einleitungsformel „Im Namen des Volkes“ zieht also keine rechtlichen Folgen für das Gericht nach sich. Dem Gericht soll dadurch nur bewusst gemacht werden, dass die Grundüberzeugungen des Volkes bei der Rechtsprechung berücksichtigt werden müssen." Link3

Die "Grundüberzeugungen des Volkes" könnten der Knackpunkt sein. Wie ist denn die Grundüberzeugung? Wer weiß das genau?
Das Gericht muss diese bei der Entscheidung berücksichtigen. 
In der Diskussion der Facebook Gruppe wird angeführt, dass durch unsere Rechtsprechung sichergestellt wird, dass nicht nach eigenem Gefühl entschieden wird. 
Doch genau dieser eher offene und nicht bestimmbare Punkt der Grundüberzeugung gibt dem Richter damit die Möglichkeit nach "Gefühl", seiner eigenen Einschätzung der Grundüberzeugung, zu entscheiden – natürlich innerhalb der Auslegbarkeit des Gesetzes. 

Es ging bei dem Artikel mehr um die Fragestellung der Gerechtigkeit, nach dem Volksempfinden, und um die Sensibilisierung für das Thema der, der Exekutive gegenüber unabhängigen Staatsanwaltschaften. Die Richter sind – sollten sein, da gibt es auch Zweifel, ob es immer so ist – unabhängig. 

Beim nächsten Artikel sind also die Staatsanwälte das Thema ohne mein oder Fragen zum allgemeinen Volksempfinden. 









Freitag, 5. August 2022

Justiz – Hure der Politik und Fürsten?

Nach dem Intermezzo mit den "Netten Typen" zurück zur Justiz.

Vor einiger Zeit hatte ich Käthe vom Dach gebeten eine Umfrage für mich über Facebook zu starten. Zusammen mit meiner gleichzeitig gestarteten Umfrage beteiligten sich 283 Leute daran. 
Die Frage lautete wie folgt und konnte nur mit ja oder nein beantwortet werden:

"Ein Vater brachte sein bewusstloses Kind selbst mit dem Auto zur Klinik ohne einen Krankenwagen zu rufen. Unterwegs wurde er von der Polizei angehalten, die den Fall als dringlich ansah und ihn eskortierte. Er wurde geblitzt, ob mit oder vor der Polizeieskorte ist mir nicht bekannt. Würdet ihr die erfolgte Strafe, Bußgeld und einen Monat Fahrverbot, aufgrund der Situation erlassen?"

63,2 % als fast zwei Drittel sprachen sich für den Erlass aus. Das Gericht entschied anders. Dass weitere Rechtsmittel eingelegt werden können und wie es dann genau ausgeht ist hier nicht relevant.
Es ist auch klar, dass die Umfrage nicht repräsentativ ist, aber der größte Teil der angeblich als repräsentativ veröffentlichen Umfragen sind es streng genommen nicht. 
Der entscheidende Punkt hier ist, dass das Urteil im Namen des Volkes gesprochen wird. Das Volk jedoch nicht so entscheiden würde.

Und das ist kein Einzelfall. Jeder hat schon einmal über ein Urteil gelesen oder vielleicht auch selbst erfahren, wo er gedacht hat, das ist nicht gerecht.
Da kommen einem dann sofort Sprüche "Recht haben und Recht bekommen sind zweierlei", "Wir haben nicht Recht bekommen, sondern ein Urteil" oder "Recht und Gerechtigkeit haben nichts miteinander zu tun" in den Sinn.
Es ist klar, es kann nur einer Recht bekommen, wenn es um ein Urteil geht und manchmal nicht einmal das. Es gibt auch Urteile, wo beide nur ein bisschen Recht bekommen. Dass jeder Unterlegene sich ungerecht behandelt fühlt, nachdem ein Anwalt ihm "suggeriert" hat, dass er im Recht wäre, ist verständlich. Zu dem Thema gibt es mehr in einem folgenden Artikel.
Es geht eben mehr um das Gerechtigkeitsempfinden des Volkes, aber genau das sollte doch der Maßstab bei der Rechtsprechung sein.

Dass Rechtsprechung vielleicht doch nicht so ganz gerecht ist, wird deutlich gemacht durch das "Feiern" von Urteilen, wo ein "Kleiner" gegen einen "Großen" gewinnt.
Warum finden solche Urteile dann so viel Beachtung?
Wenn diese eher selten sind, müsste es bedeuten, dass die meisten Kleinen nicht Recht haben, wenn es um eine gerichtliche Auseinandersetzung geht. Die meisten Großen dann entsprechend meistens Recht haben.
Diese Konstellation ist in keiner Weise glaubwürdig.

Liegt es vielleicht doch am Stand, an der Finanzkraft oder gar Seilschaften der Großen? 
Büchner hat die Fürsten angeführt, die die Justiz unter ihrer Fuchtel haben. Da es keine maßgeblichen Fürsten in dem Sinne mehr gibt, habe ich die Politik ins Spiel gebracht. 
Unsere heutigen Fürsten sind die "Wirtschaftsmächtigen", die auch die Politik mitbestimmen, also könnte man das "Fürsten" sehr gut stehen lassen, da es eigentlich das gesamte Paket an "Freiern" beinhaltet.

Etliche Verfahren, gerade von "Kleinen" werden zum Beispiel direkt von den Staatsanwaltschaften "abgebügelt" und das obwohl ein Anfangsverdacht, der wichtig ist, sehr wohl angezeigt ist.
Liegt das eventuell an der Weisungsgebundenheit unserer Staatsanwaltschaften?
Genau das kritisiert nämlich der Europäische Gerichtshof und zweifelt damit die Unabhängigkeit dieser an.
Auf jeden Fall schon einmal in Bezug auf Europäische Haftbefehle, dessen Ausstellung den deutschen Staatsanwaltschaften per Europäischen Gerichtshof  2019 untersagt wurde. Link1

Mehr dazu beim nächsten mal.




Donnerstag, 4. August 2022

Nice Guys – wtf

Etwas weg vom eigentlich aktuellen Thema Justiz.
Aber wer zum Teufel nennt seinen Laden "Scheiß-Typen"? 

Erinnert ihr euch noch an die wörtlich übersetzten Redewendungen, die immer viel Spaß machten, wie:

Du bist schwer auf Draht – You are heavy on wire
Ich glaub' mein Schwein pfeift - I think my pig pipes

Das erste Beispiel ist auf jeden Fall so bekannt, dass man ein Zippo mit dem Spruch darauf kaufen kann. Vielleicht deswegen, weil es auf den Bundespräsidenten Heinrich Lübke zurückgeht, der es fast genauso 1965 zu Queen Elizabeth gesagt haben soll.
Auch in späteren Jahren und sogar heute noch sorgte und sorgt dieses "Lübke-Englisch" oder auch "Denglisch" für Vergnügen. 
Hier ein Beispiel aus jüngerer Vergangenheit von Günther Oettinger:

"We are all sitting in the same boat."

Andersherum funktioniert das Spiel natürlich auch. Die wortwörtliche Übersetzung gängiger Redewendungen aus dem englischen/amerikanischen Sprachgebrauch stellt einen dann auch vor die Frage: Was willst du mir sagen?
Hier nur ein Beispiel:

Cut the mustard – Schneide den Senf

Bei einem "nice guy" oder "Nice Guy", ob groß oder klein geschrieben ist nämlich schon ein Unterschied, hat es nicht unbedingt mit der wörtlichen Übersetzung zu tun, sondern mit dem Begriff "nice/nett" an sich.
Wenn etwas entsprechend bezeichnet wird, ist es eben nett und mehr auch nicht. Es ist nicht besonders herausragend, kann aber im Gegenzug dazu die Bedeutung haben, dass es schlecht oder besonders schlecht ist und "nett" nur aus Höflichkeit oder sarkastisch verwendet wird.
Jeder kennt doch die Aussage, dass "nett" der kleine Bruder von "scheiße" ist und diese "Regel" gilt in beiden Sprachräumen.
Benutzt man "nett" in seiner eigentlichen Bedeutung, setzt man deswegen eventuell, um zu unterstreichen, dass man es wirklich so meint, oft "echt" oder "sehr" davor.

An dem "Nice Guy", groß geschrieben, lässt sich jedoch nichts mehr deuteln oder schönreden. Es ist einfach eine Bezeichnung für einen "Scheiß-Typen".
Diese Definition ist auch keineswegs neu.

Mitte der 90er Jahre hatte ich Kontakt zu etlichen Straßenmusikern aus dem englischen Sprachraum. Bei abendlichen Sessions war eine Eigenkomposition eines dieser "Busker" mit dem Titel "Nice Guy" immer besonders gefragt. 
Zu dem Zeitpunkt dachte ich auch noch, dass ein "Nice Guy" eben ein wirklich netter Typ sei. Der Text klärte mich jedoch auf und mir wurde nahe gelegt, auch wenn ich einen Typen noch so nett finden solle, ihn nicht als "Nice Guy" zu bezeichnen. Als "nice guy" wäre noch okay gewesen, aber wie vermittelt man beim Sprechen Groß- und Kleinschreibung?

Das Internet ist voll mit Erklärungen und Definitionen, verlinken werde ich hier jedoch nichts. Wer jetzt neugierig geworden ist, kann sich ja auf die Suche machen und entscheiden, ob er in Zukunft jemanden noch als "Nice Guy" bezeichnen möchte, wenn er ihn gut findet. Ich mache das schon seit den 90ern nicht mehr.

Was motiviert jemanden also einen Laden so zu nennen?
Ist es einfach Unwissenheit und man dachte, dass bestimmt viele Leute zu netten Typen gehen wollen und das Geschäft dann brummt?
Oder sehen sich die Namensgeber als das, was der Begriff nach gängiger Definition aussagt und finden sich damit geil?

Nichts desto Trotz werde ich demnächst mal einen Abstecher dorthin machen. Vielleicht eine Kleinigkeit essen, auf jeden Fall etwas trinken und inständig hoffen, dass mir kein "Nice Guy" begegnet.





Mittwoch, 3. August 2022

 Der Rechtsanwalt – § 43a BRAO Grundpflichten 

"(3) Der Rechtsanwalt darf sich bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten. Unsachlich ist insbesondere ein Verhalten, bei dem es sich um die bewußte Verbreitung von Unwahrheiten oder solche herabsetzenden Äußerungen handelt, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlaß gegeben haben." Link1

Der Rechtsanwalt – nein, ein Rechtsanwalt der Stadt Geestland, es gibt da scheinbar mehrere – hat in einem Schreiben an das Verwaltungsgericht Stade auf die Aussage zur DAB von Oberstaatsanwalt Dr. Schreiber verwiesen.
Es handelt sich bei dem Vorgang um die Einsicht in eine Verwaltungsakte der Stadt Geestland durch Martina Herrmann in Bezug auf die von ihr eingereichte DAB gegen Thorsten Krüger, die nicht öffentlich entschieden wurde.

Zur Erinnerung: § 29 VwVfG Link2

"(1) Die Behörde hat den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist..."

Die Stadt Geestland hat aber anscheinend keine Kenntnis von diesem Gesetz oder verhält sich bei entsprechenden Anfragen von Bürgern nicht gesetzeskonform, denn der o.g. ist kein Einzelfall.
Der dann logische Schritt, sich an die Verwaltungsaufsicht zu wenden, läuft jedoch ins Leere. Diese sei zwar dazu da, dafür zu sorgen, dass die Verwaltung rechtskonform arbeitet, aber nicht in diesen Fällen.
Ein eindeutiger Widerspruch zu ihrem Auftrag und der Verdacht kommt auf, dass die Verwaltung und auch deren Aufsicht mit Macht jede Form von Transparenz verhindern wollen.

Es kommt noch besser und hier wandelt sich der Verdacht in Bestätigung um. 
Die Verwaltungsaufsicht weist daraufhin, dass das Recht einklagbar sei. Eigentlich ist ein Recht doch ein Recht. Wieso wird es dann nur durch Klage gewährt?
Da Recht gebrochen wird, müsste eigentlich eine einstweilige Verfügung auf Akteneinsicht gewährt werden. Dieser Umstand erklärt nämlich an sich schon die Dringlichkeit.
Weit gefehlt, eine Dringlichkeit muss erst noch bewiesen werden.

Zurück zum jetzigen Geschehen:

In ihrem Antrag auf einstweilige Verfügung zitiert Martina Herrmann wie folgt:

"Die Sitzungen des für die Entscheidung über die Dienstaufsichtsbeschwerde zuständigen Rates sind gemäß § 64 Abs. 1 NKomV grundsätzlich öffentlich. [...] Diesem obliegt gemäß § 85 Abs. 5 S. 1 eine Informationspflicht gegenüber den Einwohnern. Zitat Dr. Schreiber"

Der gegnerische Rechtsanwalt führt aus:

"Das Zitat des Herrn Dr. Schreiber wurde nicht vollständig wiedergegeben und nur auf das für die Antragstellerin relevante reduziert..."

Woher weiß er das? 

Hier im Blog wurde zwar der komplette Absatz veröffentlicht: 

"In der Erhebung der Dienstaufsichtsbeschwerde ist zugleich eine Einwilligung in die Verarbeitung der Daten zu sehen, weil diese notwendig für die Bearbeitung der Dienstaufsichtsbeschwerde ist. Die Sitzungen des für die Entscheidung über die Dienstaufsichtsbeschwerde zuständigen Rates sind gemäß § 64 Abs. 1 NKomV grundsätzlich öffentlich. Die Beschlüsse des Rates sind gemäß § 85 Abs. 1 NKomVG durch den Hauptverwaltungsbeamten vorzubereiten. Diesem obliegt gemäß § 85 Abs. 5 S. 1 NKomVG eine Informationspflicht gegenüber den Einwohnern." Link3

Die Auslassung im Antrag ist somit für seine Argumentation, dass es rechtlich vertretbar ist, die DAB nicht öffentlich zu behandeln, jedoch in keiner Weise dienlich. 
Weiterführende eventuell angeführte Punkte zur öffentlichen/nicht öffentlichen Bearbeitung von DABs von Dr. Schreiber sind meines Erachtens nicht veröffentlicht worden.
Woher stammt dann seine Kenntnis über den eventuellen weiteren Inhalt des Schreibens, denn dieses stammt aus einem anderen Vorgang einer anderen Person und dieser Rechtsanwalt war nicht darin involviert?

Ist seine Einlassung nur der gewohnt rechtsverdrehenden und nicht unbedingt wahrheitsgemäßen Argumentation seiner Schreiben geschuldet oder werden hier eventuell illegal Schreiben weitergereicht?

Es gibt weitere Ausführungen, die die Ablehnung der einstweiligen Verfügung begründen sollen. Diese müssen jedoch noch weitergehend geprüft werden.

Nur ein kleines Beispiel:

Auch wird der geäußerte Verdacht als "subjektiv" dargestellt.
Dass der Verdacht – die Baugenehmigung mit Angabe falscher Fakten erschlichen zu haben, was dann auch Betrug und Amtsmissbrauch darstellt – kein Verdacht mehr ist, sondern als Tatsache bereits vom Innenministerium bestätigt wurde, ist ein belegbarer Fakt. 
Somit entspricht diese Einlassung nicht der Wahrheit.








 

Dienstag, 2. August 2022

 Verfall der Sitten

Oder gibt es da schon – lange – nichts mehr, was verfallen könnte?

Beginnen wir in einer dunklen Zeit unserer Republik. 
Mein Vater, Jahrgang 1924, wurde am 10.02.1943 in Danzig verhaftet. Nach einem kurzen Aufenthalt im Lager Stutthof wurde er ein Gefängnis in Danzig verlegt und abwechselnd von SS und Kripo verhört. 
Die Erinnerung meines Vaters an die Zeit war etwas verschwommen, was er aber in Erinnerung hatte war eine Auflistung der Paragrafen des Heimtückegesetzes und den Namen des Unterzeichners auf der Anklageschrift: Wolff. 
Und das seine Mitgefangenen ihm erzählten, dass es sich damit um eine Sondergerichtsverhandlung handeln würde, die mit Todesstrafe entschieden wird.

Bei diesem Wolff handelte es sich um Paul Wolff, in der weiteren NS-Zeit Landgerichtsrat beim Sondergericht Oppeln (Opole).
Die Sondergerichte zur NS-Zeit hatten einen besonders hohen Anteil an den NS-Justizverbrechen. 

Was ganz genau sein Vergehen war, ist ihm nie wirklich klargeworden. Eine Suche nach Antworten blieb ergebnislos, da große Mengen von Akten vernichtet wurden. Auch ein befreundeter Professor aus der Danzig, der Zugang zu vielen Dokumenten hatte, konnte ihm nicht weiterhelfen.

Was er bei seinen späteren Recherchen herausfand, genau dieser Nazi-Scherge war später Amtsgerichtsrat in Paderborn. 
Das ist leider kein Einzelfall gewesen. Bei entsprechender Recherche im Internet findet man hunderte, wenn nicht tausende von linientreuen Nazis und SS Angehörigen, die nach 1945 weiter Recht sprechen durften. 
Wird damit nicht die Umschreibung "Recht sprechen" pervertiert?

Bei der erfolgten Entnazifizierung wurde sich munter einen gegenseitiges "Kein-Nazi-gewesen-sein" bescheinigt. Zudem spielten natürlich wieder einmal wirtschaftliche Aspekte eine Rolle und weitere Faktoren, die hier den Rahmen sprengen würden. Da haben die Besatzungsmächte und hat die junge Bundesrepublik völlig versagt.

Trotz des fantastischen Filmes "Rosen für den Staatsanwalt" aus dem Jahre 1959, der sich satirisch mit der Problematik beschäftigt, 1960 mit dem Bundesfilmpreis in Silber ausgezeichnet wurde und genau diese Problematik aufzeigt, wurden jedoch niemals weitergehende Maßnahmen ergriffen, um den braunen Sumpf in der Justiz völlig zu eliminieren.
In den folgenden Jahrzehnten flackerten immer mal wieder Enthüllungen auf, die für Empörung sorgten, aber das war es dann auch.

Das hat der Lauf der Zeit nun erledigt, von den "ehrenwerten" Herren spricht mittlerweile keiner mehr Recht.
Aber wer hat die nachfolgenden Juristen ausgebildet und geprägt oder gar bei der Gesetzgebung der neuen Republik mitbestimmt? 

Ein Paradebeispiel beantwortet diese Frage: Link1
Dr. Herrmann Weitnauer, am 18.07.1910 in München geboren. 
Eintritt in die NSDAP am 01.05.1933, von 1933 - 1936 Mitglied der SA und 05.06.1934 Promotion zum Dr. jur. 
Über weitere Stationen dann am 07.09.1938 Ernennung zum Amtsgerichtsrat, ab August 1941 im Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete (RMfdbO).

Nach Rückkehr aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft April 1950 und Einstellung des Entnazifizierungsverfahrens auf der Grundlage des Abschlussgesetzes, war er bereits im Juli 1950 im Bundesjustizministerium tätig.  
Während dieser Tätigkeit die Ernennung zum Ministerialrat am 12.06.1953.
Im Februar 1965 wurde er zur Wahl als Bundesrichter am BGH vorgeschlagen. Dieser Vorschlag wurde jedoch durch das Bekanntwerden seiner Tätigkeit im RMfdbO zurückgezogen. 
Da im August 1965 auch seine Tätigkeit im Bundesjustizministerium endete, hatte die Bundesregierung zumindest scheinbar so viel Anstand ihn, mit Blick auf seine Vergangenheit, dort zu entfernen.
Konsequent? Weit gefehlt. 

Nicht mehr so präsent, wie im Ministerium, aber weiterhin im Staatsdienst tätig, war Weitnauer von 1965 - 1978 ordentlicher Professor an der Universität Heidelberg.

Auch aus dem Landkreis Cuxhaven ist zumindest ein ehemaliger SS-Hauptsturmführer zu finden, zwar nicht in der Justiz, der jedoch später als Regierungsdirektor in Niedersachsen tätig war.

Im Hinblick auf die veränderten Gegebenheiten, die nach Georg Büchners Tod (1813-1837) in der Welt herrschen, würde ich seine sinngemäße Aussage, dass die Justiz die Hure der Fürsten sei, in ein zeitgemäßes Zitat, wie folgt abändern:

"Die Justiz ist die Hure der Politik" 







Montag, 1. August 2022

 Goldbeck – wirklich golden? 

Der Neubau, sowie die Renovierung des Bestandsgebäudes des Langener Gymnasiums wird von der Firma Goldbeck geleistet.
Die eigentlich geplanten 22 Millionen, für die der Auftrag vergeben wurde, haben, wie zu erwarten, natürlich nicht gereicht. Link1
Da liegt es nahe, sich einmal mit der Baufirma zu beschäftigen.

Der Internetauftritt der Firma Goldbeck (Link2) bietet einen Blick per Webcam (Link3) auf laut Goldbeck "einige" aktuelle Baustellen. "Einige" ist hier wichtig, denn es sind dort über hundert gelistet. Dies "einige" ist leider nicht näher zu definieren. Es könnten zehn, hundert oder auch zweihundert mehr sein. 
Wie viele Baustellen bedient Goldbeck am Stück, wenn dieses nur einige sind?
Eine Massenproduktion, das Wort fällt mir dazu ein, ist nicht unbedingt negativ anzusehen und muss nicht automatisch mit minderer Qualität verbunden sein. Es kommt einfach darauf an, in welchem Bereich sie stattfindet.
Bei Baustellen ist Massenproduktion in jedem Fall kritisch. Jede einzelne Baustelle braucht hochwertig fachliche Kompetenz und Aufsicht.

Verwunderlich ist bei der Anzahl an Baustellen der Blick auf die, auf der Website angeführten Referenzen. Bei einem seit 1969 bestehenden Unternehmen müssten schon eine enorme Menge abgeschlossen sein. Link4
Zuerst verwundert es, dass sie im Hauptmenü keinen eigenen Punkt haben. Referenzen werden doch angeführt, um den Erfolg eines Unternehmens darzustellen. Und auch in den Unterpunkten des Menüs keine Verweis auf Referenzen. Durch die Suchfunktion sind sie dann doch zu finden.

Was sich dann öffnet, ist eine etwas verwirrende und trickreich gestaltete Seite, die eine Flut von Referenzprojekten suggeriert, die es jedoch nicht gibt. 
Man kann endlos von oben nach unten und von rechts nach links scrollen, ohne zum Ende zu kommen.
Beschäftigt man sich aber etwas genauer mit der Seite, stellt man fest, dass es insgesamt nur sechs Reihen gibt, auf denen pro Reihe nur acht Projekte aufgeführt sind. 
Eine Summe von 48 Referenzen? Verständlich wäre es, wenn man nur die Paradeprojekte übersichtlich auflistet und das entsprechend vermerkt hätte. 
Aber diese Masse demonstrierende Seite macht natürlich misstrauisch. Ist zu befürchten, dass hier nur Bauten gelistet sind, bei denen alles glatt lief?

Erfahrung mit Goldbeck hatte man im Landkreis Cuxhaven schon durch den Neubau des Schulzentrums Otterndorf. Da findet man im Erfahrungsbericht vom 10.05.2013 folgende Aussagen:

"Die Fa. Goldbeck hatte eine Vielzahl von Subunternehmen auf der Baustelle beschäftigt. Bis auf wenige Ausnahmen lieferten diese eine ordnungsgemäße Arbeit ab. Es zeigte sich insgesamt, dass eine regelmäßige Anwesenheit von Mitarbeitern des Landkreises auf der Baustelle notwendig war, um zu überprüfen, ob die angebotenen Arbeiten und Qualitäten auch vollständig erbracht bzw. erfüllt wurden. Hierdurch waren für einen mehrjährigen Zeitraum erhebliche Personalkapazitäten der Kreisverwaltung gebunden."

Damit kommen wir zu den Punkten Kompetenz und Aufsicht zurück. Die Fa. Goldbeck wird für die komplette Umsetzung des Baus bezahlt, was diese beiden Punkte beinhaltet. 
Die wenigen oben genannten Ausnahmen bei den beschäftigten Subunternehmern brillierten scheinbar nicht mit Kompetenz, denn auch dieser Satz ist im Erfahrungsbericht vermerkt:

"Derzeit ist die Fa. Goldbeck damit beschäftigt, letzte Mängel und Gewährleistungsansprüche zu beheben."

Das ist noch nicht so ganz das Problem. Die scheinbar fehlende Beaufsichtigung der Subunternehmer durch die Fa. Goldbeck ist jedoch sehr fragwürdig. Wenn man ein komplettes Paket bucht, kann es nicht sein, dass Mitarbeiter des Landkreises einen Teil der anstehenden Arbeiten übernehmen müssen. Eklatant daran, dass es nicht nur um die Einhaltung der Qualität ging, sondern sogar um die Ausführung vereinbarter Arbeiten überhaupt.
Der so entstandene "Schaden" hätte doch theoretisch einer Gutschrift bedurft. 

Und wie sieht es mit dem überteuerten Neubau in Langen aus? 
Da soll auch etliches nicht passen, funktionieren oder falsch installiert worden sein. Wer mehr weiß, darf sich gerne bei mir melden. Ich garantiere Quellenschutz.
Bleibt zu hoffen, dass Goldbeck dann auch entsprechend nachbessert. 
Wie sah es denn hier mit der Anwesenheit von Mitarbeitern des Landkreises Cuxhaven aus? Dieser sollte die eventuell entstandenen Kosten doch einfach zusammenrechnen und in Rechnung stellen. 

Goldbeck könnte weiterhin ein interessantes Thema sein, ich werde die Augen offen halten. 
Warum fällt mir beim Schreiben dieses Artikels bloß immer der Name Holzmann ein?

Recherchesplitter aus dem Landkreisbericht:
"Insgesamt wurden 130 Nachträge zu dem Vorhaben mit der Fa. Goldbeck vereinbart."