Montag, 13. September 2021

 Gedankenspiele 

Bevor die Gedankenspiele beginnen, ein paar Sätze zur Wahl, die eigentlich nicht kommen sollten.

Wahlskandal, wirklich es hat eine Panne gegeben. Einige Bürger, die Briefwahl beantragt hatten, wollten ihre Unterlagen am Wahltag abgeben und waren damit nicht erfolgreich. Scheinbar lag das an schlecht informierten Wahlhelfern, die unterschiedlichste Zeiten wussten, an denen man die Unterlagen in den Rathäusern abgeben konnte. Einer Person wurde, laut seiner Aussage, um 17:15 gesagt, dass er jetzt nicht mehr wählen könne. 
Leute, so funktioniert das aber nicht. Vielleicht sollte man über internationale Wahlbeobachter bei der Bundestagswahl nachdenken. Oder war das ein geestlandspezifisches Problem?

Jetzt zu den Gedankenspielen.

Der Landrat des Landkreises Cuxhaven heißt Kai-Uwe Bielefeld, hat das Amt seit 01.02.2004 inne und ist parteilos.

In einem Artikel von Nord24 steht: "Sein Plan steht: Bis 2024 will Kai-Uwe Bielefeld Landrat im Landkreis Cuxhaven bleiben. Das betonte er im Interview mit Nord 24." Es waren Gerüchte aufgekommen, dass er frühzeitig aufhören will. 2024 ist die nächste Landratswahl.

Stellen wir uns jetzt vor, dass ein weiteres Gerücht jedoch stimmt und Thorsten Krüger, Bürgermeister der Stadt Geestland, es anstrebt neuer Landrat zu werden. Dieser Thorsten Krüger (eigentlich SPD, aber irgendwie auch nicht) hat heute die Bürgermeisterwahl gewonnen. Die Parteien stehen weitestgehend hinter Krüger.

Auch die Amtsperiode eines Bürgermeisters dauert fünf Jahre. Das würde heißen, wenn das Gerücht stimmt, dass Thorsten Krüger 2024 zur Wahl des Landrats antritt, wären damit aber erst drei Jahre seiner Amtszeit abgegolten. 

Sieht man sich die Pressefotos und öffentlichen Auftritte der letzten Zeit an, taucht auch immer öfter Claus Seebeck (CDU) darauf/dabei auf. Er ist Ortsbürgermeister von Flögeln, Vorsitzender der CDU, sitzt im Stadtrat und im Kreistag. 

Lassen wir die Gedanken weiter spielen: Thorsten Krüger, bei der SPD, im Moment aber nicht so wirklich; denn auch bei den beim NDR veröffentlichten Wahlergebnissen steht: Thorsten Krüger (parteilos) und in der NZ am Montag nach der Wahl steht Sozialdemokrat; plant zur Landratswahl 2024 anzutreten. Die dann vakante Stelle muss besetzt werden. Die CDU, die bisher den SPD Bürgermeisterkandidaten mit unterstützt hat (mit der Auflage, dass er seine SDP-Zugehörigkeit nicht breittritt) konnte/wollte aufgrund dieses Deals keinen Gegenkandidaten stellen. 

Mit Blick auf die kommenden Ereignisse wird der alte Deal hinfällig und einer neuer musste her. Schon jetzt drei Jahre vorher wird Claus Seebeck Stück für Stück zum Bürgermeisterkandidaten aufgebaut, weil die CDU jetzt auch mal zum Zuge kommen will, nachdem sie so lange den parteilosen SPD Bürgermeister ertragen hat.  

Das macht die CDU glücklich, vor allem, wenn dieser die Wahl noch gewinnt, wovon sie ausgeht. Denn die Absprache beinhaltet auch, dass die SPD keinen Gegenkandidaten aufstellt, obwohl das wäre auch egal bei der CDU Übermacht in Geestland. 

Die SPD kann es verschmerzen, weil sie bekommt dafür einen Landrat, der dann wieder offiziell in der SPD ist. 

Da es hier nicht mehr um stadtinterne Klüngelei geht, sondern der ganze Landkreis betroffen ist, mussten natürlich auch alle sonstigen CDU Amtsträger auf Linie gebracht werden und scheinbar hat es geklappt, wenn man z.B. einen Facebook Post von Lasse Weritz anguckt. Interessanterweise war die SPD da etwas zurückhaltender. Liebe Genossen schmeckt einigen von Euch diese Klüngelei nicht, dann haut doch einfach mal auf den Tisch.

Da kommt mir die Aussage einer jungen Frau in den Sinn, die sich vor den Wahlen mit historischen Wahlplakaten beschäftigt hat. Dabei hat sie sich auch ein wenig in die Historie der SPD eingelesen: "Die sind damals für ihre Überzeugung gestorben, wenn sie wüssten, was hier heute ihre rückgratlosen Enkel treiben, würden sie sich im Grab umdrehen. Da sind wohl einfach die Enkel nicht tauglich."

Was sagen die anderen Parteien dazu, spielen sie das Spiel mit? Eher sind sie gar nicht eingeweiht, weil irgendjemand müsste sonst doch einmal aufschreien. Vielleicht auch nicht, lieber nicht zu viel erfahren oder wissen, das würde die Demokratie in ihren Grundfesten erschüttern.

Bei der Recherche zu diesem Post, bin ich auf einen Artikel der CNV Medien vom 23.04.2021 mit der Überschrift "Landkreis Cuxhaven: Mann beleidigt und bedroht Landrat Bielefeld" gestoßen. 

Nach einem Vorfall nahm der Mann "schriftlich direkten Kontakt zu Bielefeld auf."

"Der Angeklagte hatte mit anmaßenden, beleidigenden Äußerungen und Drohungen versucht, eine Verfügung des Landkreises abzuwenden", berichtet Landkreis-Sprecherin Kirsten von der Lieth."

Drohungen: Das suggeriert rohe Gewalt, aber

"Neben wüsten persönlichen Beleidigungen enthielt dieser Schriftsatz die Drohung, mit einem Miststreuer bis in den zweiten Stock des Verwaltungsgebäudes Mist zu verteilen."

es ging nur um Mist.

Es kommt noch besser:

"Wie von der Lieth mitteilt, war der Mann der Kreisverwaltung bereits vor dem Vorfall bekannt."

Okay, er hat schon mal etwas Bedrohliches gemacht, könnte man denken, aber

"2017 hatte er ein ähnliches Vorhaben bereits in die Tat umgesetzt und auf dem Schreibtisch eines Kollegen eine große Tüte Mist entleert. Daher sei die Drohung beim Landkreis sehr ernst genommen worden." 

es geht wieder nur um Mist und den nimmt der Landkreis scheinbar sehr ernst.

Der gute Mann wurde schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe verurteilt. Was äußerst interessant ist, weil wenn die Gegenseite (Verwaltung oder Politik), beleidigt lassen wir beiseite, weil man muss ja nicht beleidigt sein, bedroht oder einschüchtert, mahlen die Mühlen der Justiz ganz anders.

Daran liegt eventuell auch das Verhalten von Bürgern, welches im weiteren Verlauf des Artikels noch erwähnt wird.

"Die Landkreis-Sprecherin weist darauf hin, dass es immer häufiger zu Beleidigungen, Drohungen oder gar tätlichen Angriffen gegen Angestellte im öffentlichen Dienst komme."

Und Herr Bielefeld dazu:

"Für diese Entwicklung habe ich keinerlei Verständnis", macht Bielefeld deutlich. "Die Beschäftigten aus allen Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes zeigen täglich einen hervorragenden Einsatz."

Der Eindruck bei den Bürgern ist jedoch scheinbar ein anderer. Vielleicht sollte die Verwaltung ihre Sicht mal verändern und nicht davon ausgehen, dass die Menschen aggressiver werden, sondern verzweifelter. Verzweiflung hat nämlich oft Aggression zur Folge. Eine Verzweiflung über die Übermacht und die Hilflosigkeit gegen Willkür und Amtsanmaßung.